Ich spare an Worten, weil ich das Spiel erst ausführlich testen wollte, bevor ich hier ein Resümee verfasse.
Aber da ich das Spiel bzw. den spielbaren Abschnitt jetzt 4x beendet habe - davon 2x mit statischer Kamera und 2 in der OTS- Perspektive - schätze ich mal, dass es für einen halbwegs soliden Einblick reicht.
Wow! What a mansion!
Persönlich bin ich von dem Spiel recht angetan. Die bereits im Vorfeld erwähnte Atmosphäre ist in der Tat dicht und packend. Das in der EA Demo erkundbare Anwesen hat durchaus seinen Charme und wird nicht umhin kommen, die ein oder Anspielung auf das Spencer Estate zu finden. Inklusive mancher Rätsel.
Die allgmeinen Mechaniken gehen derweil gut von der Hand und jeder, der eines der klassischen REs (insbesondere RE0) gespielt hat, sollte sich sofort zurecht finden.
Kampf-, Heilungs- und Inventarsystem sind praktisch eine Kopie von RE0. Man kann Gegenstände jederzeit und überall ablegen und später wie einsammeln. Gespeichert wird nur an alten Grammophonen und auch nur, wenn man eine LP dabei hat. Netter Nebeneffekt: Die Platte, die man auflegt wird auch wirklich im Spiel abgespielt.
Kleine Details wie diese finden sich immer wieder im Spiel und allgemein kann man nicht sagen, dass das Entwicklerteam hier lieblos zu Werke gegangen wäre. Jeder Raum ist vollgestopft mit Details. Eintönigkeit und sich ständig wiederholende Objekte sucht man vergebens. Gerade im Vergleich zum doch sehr lieblosen Revelations 2 eine sehr schöne Abwechslung.
Dieses Ende zum Gegner, bitte.
Das Kampfsystem, das wirklich noch verfeinert werden muss, ist, je nach gewählter Perspektive ein Hybrid aus den alten RE- Spielen oder dem Remake von RE2.
Zum Waffeneinsatz muss zunächst die Waffentaste gedrückt werden um anschließend mit der Aktionstaste zu feuern. Solange Protagonisten Alicia mit der Waffe zielt, kann sie sich nicht bewegen, was gerade bei den schnelleren Zombies ein Problem werden kann. (Statische Kamera)
Spielt man dagegen in der OTS- Perspektive, ist das System identisch zu Resident Evil 2 (2019). Man hat ein Fadenkreuz, das sich langsam auf den Mittelpunkt fokusiert. Bewegen wir uns (in dieser Ansicht ist dies möglich), verliert sich der Fokus wieder und wir müssen erneut zielen. Wie im großen Vorbild aus Raccoon City, richten fokusierte Schüsse wesentlich mehr Schaden an, als der schnelle Schuss aus der Bewegung.
Wer nicht für mich ist, ist gegen mich!
Die Gegner, von denen es in der Demo derzeit nur zwei Arten gibt - den obligatorischen Zombie, sowie den nicht minder untoten Kampfhund - sind dabei mitunter deutlich fordernder, als aus RE gewohnt. Besonders im höchsten Schwierigkeitsgrad sind die Zombies häufig so schnell unterwegs, wie Alicia im Sprint. Dabei ändern sie ihre Geschwindkeit auch gern mal und schlurfen zunächst im Schneckentempo auf uns zu, nur um von einem Moment auf den anderen auf uns loszustürmen. Dabei scheint es gerade im OTS- Modus sehr stark davon abzuhängen, ob man eine Schusswaffe im Anschlag hat, oder nur ein Messer oder gar waffenlos unterwegs ist.
Fairerweise funktioniert das "Stagger"- Manöver aus RE2 auch hier recht gut und ein (gezielter) Schuss in den Kopf eines Zombies lässt diesen für einen kurzen Moment zurücktaumeln, was zumeist für ein eiliges Passieren ausreicht. Wenn dann noch ein wenig Glück auf unserer Seite ist, landen wir einen kritischen Treffer und der Zombie weiß sprichwörtlich nicht mehr, wo ihm der Kopf steht.
Das Gore- System kann zwar in seinem Detailreichtum nicht mit RE2 mithalten, ist aber auch nicht zurückhaltend. Köpfe platzen unter Beschuss, Arme und Beine lassen sich abtrennen (auch mit dem Messer) und Blut ist auch reichlich vorhanden. So harmlos wie Code Veronica oder berüchtigten deutschen Version von RE3 geht es hier nicht zu.
Das System ist dabei nicht nur Dekor sondern folgt einem ähnlichen Prinzip wie schon Resident Evil 2. Zombies, die nur noch kriechen können, sind weit weniger gefährlich, wesentlich langsamer und lassen praktisch gefahrlos mit dem Messer erledigen. Allerdings ist auch hier die OTS- Perspektive im Vorteil. Schüsse auf die Knie lassen bedeuten präziser setzen, als im SC- Modus, wo man schon eher schätzen muss, ob der Schuss sitzt oder nicht.
Kratzer im Lack?
Ist Them&Us also im Gesamtpaket eine makelose Perle des Survival-Horror- Genres? Nein. Tatächlich gibt es noch so manche kleinere wie größere Baustelle im Spiel.
So ist für meinen Geschmack das Trefferfeedback noch zu schwach auf der Brust. Gerade beim zu Beginn des Spiels häufigen Einsatz des Messers bedarf es noch Nachbesserung. Zu oft gleitet die Klinge durch die Zombies wie durch Luft. Eventuelle Blutspritzer sind im Eifer des Gefechts kaum zu sehen und die akustische Rückmeldung bei einem Treffer ist so leise, dass man schon genau hinhören muss, um sie wahrzunehmen.
Generell ist der Nahkampf noch ein Problem. Zwar scheint hier seit erscheinen der Demo im Mai 2019 bereits einiges an Arbeit investiert worden zu sein, aber dennoch ist es schwer abzuschätzen, ob man einen Gegner nun Treffen kann, oder nicht. Auch verkommt der Kampf gerne mal zum reinen Glückspiel, bei dem es nur darauf ankommt, dass Kollege Zombie keinen Sprinter- Anwandlungen bekommt und sich uns schwungvoll an den Hals wirft. Ausweichen ist in so einem Fall nämlich selbst im OTS- Modus kaum möglich.
Ein weiterer Punkt ist der doch sehr variable Schwierigkeitsgrad. Wer in klassischer Ansicht, also mit statischer Kamera spielt, hat es deutlich schwerer, als jene, die sich für OTS eintscheiden.
Gegnern kann man mit der fixen Kamera nur deutlich schwerer ausweichen, sieht sie mitunter viel später und es braucht deutlich mehr Treffer um etwa einen Zombie niederzustrecken, da es keinen (fokussierten) Kopfschuss gibt. So braucht es für einen Zombie im Mittel 7 Schuss mit statischen Kamera, während in der OTS- Perspektive bereits 4 fokussierte Kopftreffer genügen, um einen der Untoten auf die Bretter zu schicken. Erschwerend kommt natürlich hinzu, dass "Statiker" bei anvisiertem Gegner nicht in der Lage sind, sich zu bewegen, während "Schultergucker" frei herumlaufen UND zielen dürfen.
Während all dies im mittleren Schwierigkeitsgrad noch irgendwie zu kompensieren ist, wird es auf der höchsten Stufe richtig happig.
In meinen 4 Durchläufen habe ich das Spiel 3x auf "Mittel" und einmal auf "Schwer" durchgespielt. Letzteres gelang mir nur mit der OTS- Cam. Alle Versuche mit statischen Kamera schlugen oft schon nach kurzer Zeit fehl, da ein Ausweichen der zum Teil deutlich flotteren Gegner nahezu unmöglich war. Da man in diesem Schwierigkeitsdrad dann auch oft schon nach zwei Treffern das Zeitliche segnet, war es praktisch kaum machbar, die doch recht happige Anfangphase zu überstehen. Wer also eine richtige Herausforderung sucht, ist hier gut aufgehoben.
Zu den restlichen Mängeln gehören meiner Ansicht nach vor allen kleinere Spielhilfen. So lässt sich etwa eine Vitrinie nur dann schieben, wenn man sie von der richtigen Seite untersucht. Alle anderen Seiten für nur zu einer Erklärung des Inhalts. Ich konnte dieses Puzzle nur durch Zufall lösen, als ich einfach pauschal alles angeklickt habe, was mir vor die Linse kam.
Auch das Alicia viele Stellen, an denen ein bestimmter Gegenstand eingesetz werden muss, nur mit einem schnöden "Something can be placed here" kommentiert, führt nicht selten zu viel unnötiger Lauferei. Das bekam Resident Evil mit simplen Sätzen wie "Die Einfassung hat die Form wie ein..." deutlich besser hin.
Ansonsten würde etwas mehr Hintergrundwissen sowohl zum Anwesen und was dort vorging, wie auch zu Protagonistin Alicia dem Spiel gut tun. Letztere bleibt noch sehr blass und scheint die Umstände, in denen sie sich befindet wenig bedenklich zu finden. Zwar kommt es hier und da zu einer Äußerung zur Situation, aber nach 5 Minuten Spielzeit ist auch das vorbei.
Darf es auch etwas mehr sein?
Wer den bisherigen Spielabschnitt in allen möglichen Varianten beendet hat und nach Abwechlsung sucht, der bekommt bereits jetzt das Bonusspiel "Alicia`s Nightmare" spendiert, das offenkundig vor allem Halloween als Thema hat.
Dieses ist inhaltlich vom Hauptspiel noch weiter entfernt, als Raid Mode und Mercenaries vom Hauptstrang der RE- Reihe, dreht sich im Kern aber das gleiche wie REs Söldnertruppe.
Wir befinden uns in einem von Alicias Alpträumen auf einem Friedhof und müssen in einer bestimmten Zeit Punkte sammeln. Haben wir genug zusammen, öffnet sich der Ausgang und wir bekommen einen Endbewertung zwischen 0 und 6 Sterne.
Punkte können durch das Einsammeln von Süßigkeiten, das Abschießen von schwebenden Kürbislaternen (Jack O Laffer) oder das Erledigen von kürbisköpfigen Zombies (Jack O Lantern) erlangt werden. Zur Verteidigung stehen uns Messer und Pistole zur Verfügung und wer mindestens 1000 Candypunkte erreicht, erhält Zugang zu einer Gruft, in der sich eine Flinte befindet. Munition und Heilung liegen selten mal offen herum und deutlich häufiger verborgen in Fässern und Kisten.
Wie schon in bei den Resident Evil Söldnern läuft im Hintergrund eine Zeit ab. Erreicht der Counter 00:00 wacht Alicia auf und wir haben verloren. Zusätzliche Zeit lässt sich entweder durch das Zerstören von Sanduhren anhäufen, oder indem wir Kürbiszombies mit dem Messer erledigen.
Erreicht man 500 Candypunkte öffnet sich die erste Gruft, in der sich neben Munition noch eine verbesserte Nahkampfwaffe findet, die zwar mehr Schaden anrichtet, dafür aber keinen Zeitbonus gewährt. Knacken wir die 1000, öffnet sich Siegel Nr. 2 und wir kommen an die Flinte. Nach 2000 Punkten öffnet sich das letzte Siegel und wir kommen zum Ausgang, nach dessen Betreten die Abrechnung folgt.
Haben wir genug gesammelt, getötet und nach ordentlich Zeit auf dem Konto, hagelt es Punkte. Schaffen wir hier die 60.000er Marke, gibts 6 Sterne und eines von 7 Achievments.
Auf den ersten Blick wirkt das Spiel mit seinem Stimmungswechsel doch arg befremdlich und das Prinzip scheint simpel zu sein. Aber wer es daraufankommen lässt wird schnell merken, dass einige der 7 Trophäen aus dem Bonusspiel bei weitem nicht so einfach zu erlangen sind. Die Karte will gut studiert werden. Schüsse wollen wohl bedacht und Routen gut geplant werden. Wer kopflos über den Totenacker läuft wird kaum über 10.000 Punkte kommen.
Macht alles in allem durchaus mal Spaß, kommt aber in der Langzeitmotivation nicht im Ansatz an Schwergewichte wie Raid-Mode oder Mercenaries heran.
Wer sind die denn?!
Zu Guter Letzt noch ein Wort zum Support des Spiels. Them&Us befindet sich bekanntlich noch in der Early Access- Phase und verweilt gegenwärtig in Version 0.3.0 was laut Entwickler etwa 35% des Gesamtspiels entspricht. Nach allem, was ich bisher gesehen habe, handelt sich es sich hierbei glücklicherweise nicht um eine der berüchtigten Greenlight-Gurken, die unfertig mit "EA"-Label (nein, nicht die aus Kalifornien) veröffentlicht werden und bei denen Verbesserungen nur Lippenbekenntnisse bleiben.
Das Team von Tendogames feilt eifrig an seinem Baby und verbuddelt sich dabei auch nicht im Keller. Auf Feedback reagiert man im Mittel binnen eines Tages und pro Monat gibts ein Statusupdate. Spielupdates fliegen gefühlt mitunter täglich ein und gemessen des Communty- Feedbacks (und auch meiner eigenen Erfahrung) finden dabei Wünsche und Bug- Meldung gehör. (Ein von mir erwähnter Bug wurde binnen 24 Stunden behoben. Man finde das mal bei einem Branchenschwergewicht)
Vergegenwärtigt man sich hier dann noch, dass hier keine 12 Leute an dem Spiel arbeiten, ist dass durchaus eine achtbare Leistung.