Spoilers ahead – wer die nicht will, entferne sich geflissentlich aus meinem
Leben Post!
So, ich hab den Film jetzt auch gesehen! Eins vorweg: Bezüglich seiner miserablen Benotung sollte der gude Andreas definitiv mal la iglesia en el pueblo lassen, wie Ramon sagen würde. Fünf Minus? Nein. Ganz sicher nicht. Wenn der erste Anderson-Film eine Drei Minus bis Vier Plus verdient, dann ist der aktuelle Film dieser Wertung ebenbürtig. Ich will fast sagen: ganz geringfüfig besser. Nicht etwa, weil Welcome to RC als eigenständiger Film, losgelöst von der Marke, annehmbar funktionieren würde – da hat der Andrew schon Recht, das konnte Anderson besser; ist aber auch nicht seine Aufgabe, finde ich –, sondern weil er der Idee einer Videospielverfilmung endlich mal ansatzweise gerecht wird.
Nun haben wir es hier, wie ganz richtig analysiert, mit einer budgetschwachen Neuinterpretation zu tun, die – und das ist ja der Punkt, der vor allem für uns Hardcore-Fans spannend ist – mit einem Rearrangement bekannter Elemente spielt. Und das macht Spaß! Leon hat seinen ersten Tag, wie im Spiel – betritt die Bühne, im Gegensatz zur Vorlage, aber nicht als Weltretter, sondern als inkompetener Schwachmat. Ist doch erfrischend; was haben wir uns geärgert, wie die Charaktere ab RE4 allesamt zu Übermenschen mutiert sind, erinnert ihr euch? Hier sind wir mit der Gegendarstellung konfrontiert. Und: Ich fands witzig! Leon, der unangemessener Weise der Besprechung beiwohnt und daraufhin aufs übelste beschimpft wird, hat mich uniornisch zum Lachen gebracht. Vielleicht hab ich da auch ein besonders weiches Herz, weil die Szenerie mich vom Konzept her so sehr an meinen Mansion Incident erinnert hat.
Die Dialoge muss ich ebenso zu weiten Teilen in Schutz nehmen – die Einschätzung, die Cheesyness der alten Spiele sei weniger fremdschambefeuernd gewesen als die des Films, und aufgrunddessen sei eine Coolness (die es meines Erachtens in den alten Spielen nie gab) abhanden gekommen, weise ich zurück. Für das, was die seichte Handlung hergibt, sind die Dialoge fast schon ausgefeilt und schaffen es beizeiten, eine Situationskomik zu erzeugen – und zwar nicht unfreiwillig, sondern gewollt. Sie gehen auf. Nicht immer, aber oft. Ich kann hier nur die deutsche Synchro beurteilen – die finde ich erstaunlicher Weise ganz gelungen.
Nun wär der Mechant aber kein Merchat, wenn er nicht eindringlich auf die Feuerwaffenrequisite eingehen würde – und die ist äußerst stimmig ausgewählt worden! Alles funktioniert, und das viel besser als in den Spielen: Ein STARS-Trupp rückt nicht schwachsinnig mit Pistölchen und einer einsamen Flinte als Backup aus, sondern es sind zwei MP5en, eine MP5K und eine Mossberg 590 an Bord. Diese Konstellation passt ebenso in die Zeit und ins Setting wie Leons 1911, Irons' S&W und die zurückgelassene Remington 870 aus der Waffenkammer, die aufgrund des Pistolengriffs vermutlich als uralte Riot Gun schon ewig in ihrer Kiste vergammelt, weil es in RC nun mal keine Riots gibt. Die UBCS-Kräfte sind nicht mehr mit einer billigen Army-Kopie des M4A1 mit Aimpoint unterwegs, sondern haben ihren eigenen Stil in Form exklusiver HK33 gefunden.
Auf die Feuerwaffensicherheit als solche ist der BHC in seinem Video eingegangen, die ist Dank Psychopathenjill natürlich nonexistent – kurios ist allerdings, dass Jill zur Mitte des Films urplötzlich Abzugsfingerdisziplin entwickelt. Wie auch immer das zustandegekommen ist, der übrige Cast hat, sofern ich richtig aufgepasst habe, dauerhaft den Finger am Abzug. Hanebüchen ist natürlich auch, dass Leon die 870 nicht geöffnet bekommt – "Da klemmt irgendwas!" – und sie "Gib mal her!"-Claire überlässt, die die Flinte dann ihrerseits auch nicht öffnet, sondern sie sich nur pseudofachfräuisch von allen Seiten anguckt. Warum auch immer die Flinte da durchgeladen in der Kiste lag – wir werden es nicht erfahren. Was Leon an Unverögen, den Action Release an Amerikas bekanntester Pumpgun zu betätigen, vorweist, macht er allerdings im Umgang mit Panzerabwehrwaffen wett. Der Spast, der zu dumm ist, einen Knopf zu drücken, kann intuitiv einen AT4 entsichern. Ich wusste nicht, wie das geht, hab mir deshalb ein Video angeguckt: Man muss einen Splint ziehen, dann einen Spannhebel betätigen und zu guter Letzt eine Kontaktsicherung eindrücken, um feuern zu können ... na ja. Vielleicht lag ja auch eine bebilderte Anleitung dabei, schließlich hat er den Werfer off-screen gefunden.
Während Claire mit der 870 ordentlich abgeräumt hat, hätt ich mir von der 590 tatsächlich viel mehr Gun Porn und auch mehr Gore gewünscht. Das Herrenhaus hätte dazu eingeladen, vor allem der Kontakt mit dem ersten Zombie aus dem Spiel. Nach ein paar erfolglosen MP5-Treffen hätte Richard die Mossberg erheben und dem Zombie so was von den Kopf wegsplattern müssen, dass überall Schädelknochen- und Hirnreste und so ne Scheiße umherfliegen! Stattdessen wurde dem Publikum die Flinte völlig unter Wert verkauft, es donnerte nichts, da wurde nicht cineastisch wirkungsvoll geschossen und/oder repetiert. Sie war nicht die Mighty Five-Ninety, sondern just another Rooty-Tooty-Point-and-Shooty.
Möglicherweise bin ich auch so enttäuscht, weil ich mittlerweile eine 590A1 im Schrank hab (der Feuerwaffenthread muss mal aktualisiert werden) und noch frisch verliebt von der letzten Session damit bin, aber so grottig, wie der Richard geschossen hat, hat er sich seinen Tod redlich verdient. Er tut, ohne Übertreibung, wirklich gar nichts, bevor er überrannt wird: schießt, lässt die Flinte sinken, repetiert irgendwie halb (?) und gibt jeden Widerstand verloren. Spasti.
Ein sehr schöner Aspekt, der Andreas' Lieblingsszene mit dem Feuerzeug legitmiert hat, hat mich tatsächlich sehr freudig überrascht. Ich achte natürlich penibel auf Feuerwaffenzeugs, bin aber auch nicht verblendet, was meine Erwartungen angeht. Als ich sah, dass da entgegen jeder Taktik mit dauerhaft eingeschalteter Waffenleuchte rumgerannt wurde, hab ich dem Bildschirm "Ja, wenn ihr die Scheiße die ganze Zeit brennen lasst, kommt ihr damit aber sicher nicht durch die Nacht!" erklärt ... Und was hab ich mich gefreut, dass das tatsächlich – wenn auch garantiert aus rein dramaturgischen Grünen – umgesetzt wurde. Der SureFire-Lampe an Chris' MP5 geht doch wahrhaftig der Saft aus!
Auch andere große Logikschnitzer, die so hätten nicht sein müssen, bemerkt man natürlich gern: Die kompetente Polizistenschwester Claire stellt den Tod eines Verkehrsunfallopfers fest, ohne es überhaupt anzufassen, und schlägt daraufhin vor, es einzuwickeln und es im unfallbeteiligten LKW mitzunehmen! Zudem hätte man den brennenden Helikopter als richtiges Event aufziehen können, die Brandausbreitung hätte man als zusätzliche Gefahr verkaufen können, zunehmende Rauchentwicklung im Gebäude, jetzt müssen alle noch mal mehr Gas geben als ohnehin schon – aber Pustekuchen, eine Minute nach Absturz tun alle so, als sei das fucking brennende Wrack gar nicht da und unterhalten sich minutenlang entspannt im selben Raum; Jill geht mit ihrem ärmellosen Top sogar auf drei Meter ran ans brennende Kerosin. Geil.
Alles in allem wurde ich viel besser unterhalten als durch jeden anderen RE-Film bis dato. Handlung ist natürlich dünn und unschlüssiger Unfug, aber gute Güte, es ist Resident Evil! Das kann man nicht realistisch und nachvollziehbar verkaufen – da stör ich mich dann auch nicht mehr an einer Lisa Trevor, von der keiner weiß, was sie überhaupt soll oder will ... die Hauptsache ist doch, dass sie einem Licker den Kiefer gebrochen hat! Diese schöne Szene steht für mich sinnbildlich für den Film: spaßiger, abgefuckter Mashup von RE1 und 2, alte Elemente völlig neu angeordnet, und – da sei dem Andy vollkommen rechtgegeben – unterirdischstes CGI!